Neurologische Komplikationen der Corona-Erkrankung

Prim. Dr. Andreas Winkler, MSc Ärztlicher Direktor in der Klinik Pirawarth

Frage: Welche neurologischen Symptome können bei einer Corona-Infektion auftreten? Was soll ich tun, wenn ich solche Symptome habe und wie lange dauern diese an?

SARS-CoV-2 ist ein Virus, das neben den Atemorganen noch zahlreiche andere Organsysteme befallen kann. Häufig betroffen ist auch das Nervensystem. Neben den typischen und bekannten Geschmacks- und Geruchsstörungen finden sich auch andere, teils schwerwiegende Krankheitsfolgen, welche das Gehirn und die Nerven betreffen.

Das SARS-CoV-2-Virus führt primär zu einem schweren akuten Atemwegssyndrom, welches zugleich die gefährlichste Komplikation der COVID-19-Erkrankung darstellt. In den letzten Monaten hat sich jedoch herauskristallisiert, dass das respiratorische System nur einer der Angriffspunkte des Virus ist. Auf Grund des bunten Erkrankungsbildes werden in der Betreuung von COVID-19-Patienten heute nicht nur Pulmologen und Intensivmediziner benötigt, sondern auch Experten aus zahlreichen anderen Fachdisziplinen. Eine der Herausforderungen für Neurologen besteht darin, zu unterscheiden, ob neurologische Symptome direkt virusassoziiert, indirekt virusassoziiert oder nur eine Folge eines längeren Aufenthaltes auf einer Intensivstation sind und nicht ursächlich mit der SARS-CoV-2-Infektion zu tun haben.

Bis zu 80 Prozent der an Covid-19 erkrankten Personen leiden an Geruchs- und Geschmacksstörungen. Diese sind jedoch zumeist nur temporär und vergehen nach acht bis zehn Tagen wieder. Bei jedem fünften Betroffenen kann dieses neurologische Problem aber auch über Monate bzw. bis zu einem Jahr andauern.

Andere, schwerwiegende neurologische Komplikationen der Covid-Erkrankung können auch Verwirrtheit oder Bewusstseinsstörungen sein. In bis zu drei Prozent der in einer Krankenanstalt behandelten Patienten tritt im Zusammenhang mit der Covid-19 ausgelösten Gerinnungsstörungen ein Schlaganfall auf. In sehr seltenen Fällen kann die Covid-Erkrankung auch zu einer Entzündung des Gehirns oder einer Autoimmunerkrankung führen, die das Gehirn, Rückenmark oder das periphere Nervensystem betrifft.

Von besonderem Interesse ist ein neuartiges Krankheitsbild das als „Long-Covid“ oder auch „Post-Covid-Syndrom“ bezeichnet wird. Bei etwa jedem Dritten jener Patienten, die eine Covid-19 Erkrankung überstanden haben, treten neurologische Komplikationen im Langzeitverlauf nach 4 bis 12 Wochen auf. Typische neurologische Symptome sind Schlafstörungen, Gedächtnisstörungen, eine eingeschränkte Belastbarkeit, eine erhöhte Ermüdbarkeit sowie Störungen des vegetativen Nervensystems wie z. B. ein erhöhtes Schwindelgefühl. Noch 6 Monate nach Erkrankungen leiden nach derzeitigen Wissensstand rund 10 % der Personen an diesen Langzeitsymptomen. Dabei ist es unerheblich wie schwer die ursprüngliche Infektion verlaufen ist, da auch Menschen mit einem milden Verlauf unter einem „Long-Covid-Syndrom“ leiden können.

Für dieses Syndrom bietet insbesondere die neurologische Rehabilitation wirksame Therapieangebote an. Im Vordergrund der neurologischen „Post-Covid-Rehabilitation“ stehen die Verbesserung der körperlichen und psychischen Belastbarkeit, eine Linderung der neurologischen Symptomatik und insbesondere kognitive Gedächtnis- und konzentrationsfördernde Therapieformen.